Medienrhetorik
Strategien im Zielgruppenmarketing
Zielgruppenanalysen als Basis für erfolgreiche SEO Content Creation
Die Analyse und Segmentierung der Zielgruppe ist einer der ersten Schritte bei der Entwicklung von SEO Content Strategien. Denn die Ergebnisse dieser Analysen entscheiden über die grundsätzliche Ausrichtung aller kommunikativen Maßnahmen und Inhalte, die im Zuge einer Suchmaschinenoptimierung erstellt werden. In diesem Artikel stellen wir zwei beliebte Analysemethoden zur Zielgruppenarbeit vor.
Januar 4, 2022
Written by Carina D. Bukenberger
1. Segmentierung und Analyse der Zielgruppe für maßgeschneiderten SEO Content
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Wer etwas verkaufen möchte, muss die Bedürfnisse der Zielgruppe kennen. So viel steht fest. Deshalb bilden regelmäßige und detaillierte Zielgruppenanalysen bei erfolgreichen Unternehmen eine wichtige Basis, um die eigene Markenstrategie kontinuierlich weiterzuentwickeln. Genauso maßgeblich wie für die gesamte Ausrichtung einer Marke sind Zielgruppenanalysen jedoch auch für die SEO Content Creation. Denn genauso wie das eigentliche Produkt müssen auch die digitalen Inhalte des Unternehmens exakt an den Bedürfnissen der Zielgruppe ausgerichtet sein, um langfristig Begeisterung zu erzeugen.
Mit Zielgruppenanalysen gelingt es uns also im besten Fall, die Wünsche der Zielgruppe vorauszusehen, die ihr oftmals selbst noch nicht bewusst sind. Und für diesen Prozess des Bewusstmachens eignet sich SEO Content ganz hervorragend. Denn: Wir starten nicht mit Kaltakquise. Es besteht bereits ein Bedürfnis, sich mit einem bestimmten Thema, einer bestimmten Marke oder einem bestimmten Produkt zu befassen, das explizit in Form einer Suchanfrage (konkret via Google oder auch als Hashtag über Social Media) ausformuliert wurde.
Diesen Samen wollen wir zum Keimen bringen. Um dafür die optimale Strategie zu entwickeln, eignen sich zwei Methoden besonders gut: Die GRIPS®-Typologie und das OCEAN-Modell.
2. Zielgruppen-Segmentierung mit der GRIPS®-Typologie
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Keine Frage: Es gibt mittlerweile unzählige Methoden zur Analyse und Segmentierung von Zielgruppen, die allesamt versprechen, das – mit Abstand – beste Modell zu sein. Mit Sicherheit hat dies in vielen Fällen mit persönlichen Präferenzen zu tun. Unsere persönliche Präferenz liegt jedenfalls seit einigen Jahren auf dem GRIPS®-Modell der Vocatus AG. Die Effektivität dieses Modells konnte seit 2008 in über 500 internationalen Studien belegt werden.
Und das unterscheidet diese von anderen Herangehensweisen in der Zielgruppensegmentierung:
Zahlreiche Modelle fokussieren sich auf demographische, geographische und psychographische Kriterien, um die potenzielle Kundschaft zu segmentieren. Im GRIPS®-Modell betrachten wir dagegen ausschließlich kaufrelevante Kriterien. Wir unterscheiden Menschen also danach, welche Faktoren sie bei einer ganz bestimmten Kaufentscheidung beeinflussen. Denn wir gehen nicht davon aus, dass ein Mensch beim Kauf von Waschmittel von ein und denselben Faktoren beeinflusst wird, wie beim Kauf eines Autos – nur weil die Person immer noch 35 Jahre alt ist und in Fockenfeld bei Konnersreuth wohnt.
Der Mensch entscheidet also nicht nach rationalen Kriterien, sondern unter starkem emotionalem Einfluss individueller Vorlieben, Abneigungen, Vorurteilen et cetera. So lassen sich insgesamt fünf Entscheidungstypen unterscheiden:
1. Das zuverlässige Segment: Gewohnheitstiere
Dieses Segment ist stark markenorientiert und legt besonderen Wert auf Konsistenz und Stabilität. Deshalb bevorzugt man es hier, sich auf eine bereits getroffene Entscheidung zu verlassen, anstatt immer wieder den langwierigen Entscheidungsprozess zu durchlaufen. Zu rasche Veränderungen im Produkt oder der CI können die Bindung schwächen und Gewohnheitstiere verunsichern.
2. Das preisbewusste Segment: Schnäppchen und Angebote
Beim Kauf von Aktionsangeboten und rabattierten Artikeln gewinnt dieses Segment das Gefühl, durch die Einsparung etwas verdient zu haben. Das Unternehmen wird dabei als Gegner wahrgenommen, den es durch besonders clevere Entscheidungen zu besiegen gilt. So lässt sich aus diesem Zielgruppensegment nur selten eine treue Stammkundschaft aufbauen. Das Mittel der Verknappung funktioniert hier gut in Kombination mit Angeboten.
3. Das preisbereite Segment: Hohe Preisbereitschaft
Dieses Segment investiert für einen höheren Mehrwert gern mehr. Man lässt sich hier im Laufe der Customer Journey leicht dazu hinreißen, das gesetzte Budget weit zu überschreiten, wenn besondere Produkt-, Service- oder Leistungsmerkmale dies rechtfertigen. Preisbezogene Werbung kann die wahrgenommene Wertigkeit mindern und preisbereite Kundschaft abschrecken.
4. Das desinteressierte Segment: Gleichgültigkeit
Insbesondere bei Produkten, die auch im Marketing nur schwer emotional aufgeladen können (wie beispielsweise Kugelschreiber oder Strümpfe), wird die Kaufentscheidung schnell zu einem lästigen Prozess, bei dem Rabatte und Preisnachlässe keine Rolle spielen. Ein zu komplexer Bestellprozess kann die Zielgruppe zur Konkurrenz treiben.
5. Das ängstliche Segment: Verlustangst und geringe Risikobereitschaft
Wer eine falsche Kaufentscheidung trifft, verliert Geld. Deshalb ist dieses Zielgruppensegment insbesondere beim Online-Shopping kritisch und legt Wert auf Transparenz, Seriosität und gute Rezensionen. Schlechte oder unechte Rezensionen, aber auch Rabattaktionen können unter Umständen die Glaubwürdigkeit des gesamten Unternehmens für dieses Segment ins Wanken bringen.
Ein Beispiel:
Lars liebt sein Fahrrad und ist bei Ersatzteilen sehr preisbereit. Bei Lebensmitteln schaut er gern nach Angeboten und freut sich immer über ein Schnäppchen am TK-Regal. Bei technischen Geräten ist Lars sehr vorsichtig, liest im Vorfeld zahlreiche Rezensionen und vergleicht Produktdetails. Im Drogeriemarkt schnappt Lars dagegen das erste Produkt, das er in die Finger bekommt – egal ob Lockenshampoo oder Duschgel mit Kokos-Duft. Damit fällt Lars in jedem Bereich in eine andere Kategorie der GRIPS®-Typologie und beweist erneut, dass die Idee eines tatsächlich menschlichen Homo oeconomicus unwahrscheinlich ist: Der Homo oeconomicus schaut „in einer Handlungssituation nicht rechts und nicht links, das heißt, er versteht es, seine Ziele unabhängig vom sozialen und zeitlichen Handlungskontext zu definieren; ferner unterscheidet er sauber zwischen Zielen und Instrumenten […]. In jeder einzelnen Entscheidungssituation sucht er aufs Neue den besten Weg, niemals handelt er lediglich gewohnheitsmäßig.“ (Zintl, 1989. S. 60.)
3. Zielgruppensegmentierung nach dem OCEAN-Modell
Im Gegensatz zum GRIPS®-Modell stammt die OCEAN-Methode aus der Persönlichkeitsforschung und gilt in der Psychologie seit Jahrzehnten als etablierte Methode zur Ableitung von Persönlichkeitsprofilen. Das kann überraschen, da die Charakterzuschreibungen hier teilweise stark an astrologische Deutungen erinnern. Aber ein zweiter Blick lohnt sich: OCEAN ist ein Akronym der Begriffe Openness, Conscientiousness, Extraversion, Agreeableness und Neuroticism. In Deutschland ist das Modell auch unter dem Namen Fünf-Faktoren-Modell (FFM) bekannt.
Dieses Modell basiert auf der Annahme, dass insgesamt fünf Persönlichkeitsachsen existieren, auf denen sich ein und derselbe Mensch in unterschiedlichen Situationen in verschiedenen Ausprägungen und Mischungen verorten lässt.
1. Openness: Offenheit für Erfahrungen
In dieser Dimension des OCEAN-Modells wird das Interesse an neuen Erfahrungen, Erlebnissen und Eindrücken bewertet. Aufgeschlossene Personen haben nicht nur ein starkes Bedürfnis, ihre Grenzen auszutesten, auch wird ihnen eine besonders lebendige Fantasie zugeschrieben. Das gilt im Bereich Ästhetik genauso wie bei Gefühlen, Handlungen, Ideen sowie Norm- und Wertesystemen.
2. Conscientiousness: Gewissenhaftigkeit
Wer viel Wert auf Disziplin, Leistung und Karriere legt, ist nach dem OCEAN-Modell auch im Kaufverhalten häufig gewissenhaft und zielstrebig. Zudem gelten diese Personen als vernünftig, zuverlässig, kompetent, pflichtbewusst, fleißig und besonnen. Personen mit niedrigem Skalenwert in diesem Segment pflegen einen eher unbekümmerten Lebensstil.
3. Extraversion: Soziale Aufgeschlossenheit
Die Extraversion wird im Volksmund auch als Extrovertiertheit bezeichnet und beschreibt die Fähigkeit zu und die Freude an intensiver Beziehungspflege. Extravertierte Personen gelten im OCEAN-Modell als herzlich, gesellig, positiv emotional, durchsetzungsstark, aktiv und sozial motiviert, während Personen mit geringem Skalenwert in diesem Segment als schüchtern und zurückhaltend gelten.
4. Agreeableness: Allgemeine Verträglichkeit
Verträgliche Personen werden in beinahe all ihren Handlungen davon angetrieben, Beziehungen zu knüpfen und zu pflegen. Sie haben ein besonders ausgeprägtes Harmoniebedürfnis, gelten als vertrauensvoll, aufrichtig, rücksichtsvoll, hilfsbereit, gutherzig und bescheiden. Wenig verträgliche Personen sind laut OCEAN-Modell tendenziell häufig egozentrisch und misstrausch.
5. Neuroticism: Neigung zur Angst
Dieses Segment des OCEAN-Modells entspricht Personen, die bei einer bestimmten Kaufentscheidung von Gefühlen wie Angst, Nervosität und Unsicherheit geleitet werden. Ähnlich wie im fünften Segment der GRIPS-Typologie spielt auch hier der gezielte Aufbau von Vertrauen und die Berücksichtigung bestimmter Zweifel eine entscheidende Rolle in der Unternehmenskommunikation.
Und so sieht die Aufbereitung der Ergebnisse aus einer Zielgruppensegmentierung beziehungsweise -analyse nach dem OCEAN-Modell klassischerweise aus:
Alternativ kann auch die diagonale Verortung auf Skalen zu den einzelnen Segmenten einen guten Überblick verschaffen:
4. Von der Zielgruppenanalyse zum Zielgruppenmarketing
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Nachdem wir die Zielgruppe mit Hilfe geeigneter Methoden analysiert und segmentiert haben, wissen wir im besten Fall exakt, auf welche Personengruppen wir in den Fokus bei unserer Content-Strategie setzen beziehungsweise was diese Personengruppen im Moment der Kaufentscheidung, aber auch in den vorausgehenden Presales-Phasen bewegt. Denn wir wissen nun, welche Gedanken, Emotionen, Bedürfnisse für die Handlungen im Kontext der angebotenen Produkte oder Services entscheidend sein können.
Diese Erkenntnisse können nun genutzt werden, um die gesamte Kommunikationsstrategie der Marke oder des Unternehmens daran auszurichten und letztendlich die Content-Erstellung so zu optimieren, dass sie die Zielgruppe auf exakt der Wellenlänge trifft, auf der sie sich befindet. Zur verschiedenen Umsetzungsoptionen via Storytelling, über Framing und Priming sowie zur Arbeit mit speziellen Emotionsräumen im Content Marketing haben wir bereits eigene Artikel verfasst.
Doch einen abschließenden Tipp haben wir an dieser Stelle noch:
Zielgruppenanalysen durchzuführen, bedeutet für Unternehmen auch, der (manchmal bitteren) Wahrheit ins Auge zu schauen. Denn hierbei geht es nicht vorrangig darum, in welchem Segment ich meine Zielgruppe haben möchte, sondern vor allem darum, in welchem Segment sich meine Zielgruppe tatsächlich emotional bewegt, wenn es um die Kaufentscheidung geht. Auch, wenn also die DVAG beispielsweise sicherlich gern eine preisbereite Zielgruppe haben möchte, so befindet sie sich doch immer häufiger im fünften GRIPS®-Segment des Zweifels. So bringt es vergleichsweise wenig, mit Content zu arbeiten, der die Sorgen der eigentlichen Zielgruppe nicht berücksichtigt, während sich die Corporate Communication an einer Personengruppe abarbeitet, an der sie letztendlich abprallen wird.
5. Literaturempfehlungen
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Reinhard Zintl: Der Homo Oeconomicus: Ausnahmeerscheinung in jeder Situation oder Jedermann in Ausnahmesituationen?“ Analyse & Kritik, Vol. 11, No. 1, 1989, pp. 52-69.
IEEE Computer Graphics and Applications: How the Ocean Personality Model Affects the Perception of Crowds. Vol. 31, Issue 3, May-June 2011. pp. 22.31.
Steven Borschart, Rainer Monschein: Der Content Faktor: Schreiben Sie Texte, die gefunden und gelesen werden. Franzis Verlag, 2017.
Vocatus AG. Wissen für Entscheider. GRIPS Typologie. Kaufverhalten verstehen und beeinflussen.