Allgemeine Rhetorik

Über Schnittstellen von Rhetorik, Kommunikationswissenschaft und Marketing

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Mai 24, 2018

Written by Carina D. Bukenberger

Rhetorik M.A.
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Aus Gründen einer verbesserten Lesbarkeit wird in diesem Artikel das generische Maskulinum verwendet. Dies beinhaltet keinerlei Wertung und schließt sämtliche Geschlechteridentitäten mit ein.

1. Womit beschäftigt sich die allgemeine Rhetorik?

Rhetorik im 21. Jahrhundert: Mehr als Gerichtsreden und Anklageschriften

Wie und warum sind Menschen in der Lage effizient und erfolgreich kommunizieren, andere von Ihrem Standpunkt zu überzeugen und ihr Publikum zu begeistern? Mit dieser Frage beschäftigt sich die allgemeine Rhetorik, wie sie in Tübingen seit 1496 an der Eberhard-Karls-Universität gelehrt wird. Der Zweck einer allgemeinen Rhetorik liegt damit in der effizienten Verwendung sprachlicher Mittel, um bei einer zuvor festgelegten Zielgruppe bestimmte Einstellungen aufzubauen, die ihre künftigen (Sprech-)Handlungen beeinflussen sollen.

Dabei gilt: Wo Zwänge herrschen, ist Rhetorik weder möglich, noch notwendig. Denn Persuasion setzt immer freie Handlungsmöglichkeiten voraus, egal in welchem Kontext.

Alle Menschen verwenden rhetorische Mittel, bewusst oder unbewusst.

Aristoteles

2. Schnittstellen der Wissenschaften

Ist Rhetorik dasselbe wie Kommunikationswissenschaft? Nicht ganz. Zwar existieren zahlreiche Berührungspunkte, doch unterscheiden sich die beiden Disziplinen grundlegend in ihren Ansätzen: Grammatische Theorien betrachten Kommunikation häufig als die Übertragung einer Geisteshaltung, einer Emotion oder einer Information vom Sprecher auf den Adressaten. Die allgemeine Rhetorik versteht Kommunikation jedoch als die zielorientierte Entwicklung von logischen, ethischen oder emotionalen Argumenten, um beim Adressaten ganz bestimmte Einstellungen, Vorstellungen oder Identifikationen hervorrufen.

Der Orator liefert der Zielgruppe also Gründe, eine neue Haltung einzunehmen und dementsprechend auf neue Weise zu handeln. So definiert Buchanan die allgemeine Rhetorik als Kunst, die Gesellschaft zu gestalten, neue Handlungsmuster zu begründen und den Weg von Individuen und Gemeinschaften nachhaltig zu beeinflussen.

Aber bevor du jetzt anfängst nach einzelnen Worten zu googeln, schau dir einfach unsere Definitionen an.

Der rhetorische Imperativ nach Knape:

Perorare aude!

Habe Mut, dich deiner eigenen Ausdrucksfähigkeit zu bedienen.

3. Begriffsdefinitionen

Die vier wichtigsten rhetorischen Begrifflichkeiten auf einen Blick

Orator

Als strategisch handelnder Kommunikator ist der Orator Ausgangspunkt einer jeden Rhetoriktheorie.

Der Orator ist in der allgemeinen Rhetorik als abstrakte Größe zu betrachten: Es kann sich dabei um einen einzelnen Menschen handeln oder um eine Gruppe (z.B. ein Unternehmen), das von einer Oratorinstanz vertreten wird.

Adressat

Als Adressaten bezeichnen wir die Rezipienten, auf die der Orator sein rhetorisches Handeln auf sämtlichen Gesprächsebenen ausrichtet.

Dabei spielt das Adressaten-Kalkül eine wichtige Rolle: Der Orator wägt ab, mit welchen Einstellungen und Erwartungen der Adressat in eine Interaktion hineingeht, um diese bei der Auswahl seiner Strategien zu berücksichtigen.

Telos

Telos [das, Plural: Tele] stammt aus dem alt-griechischen und bezeichnet in der Rhetorik das endgültige persönliche Gesprächsziel, welches vom Orator durch den strategischen Einsatz kommunikativer Mittel verfolgt wird.

Klassische Tele sind zum Beispiel Metabolie (ein Standpunktwechsel beim Adressaten) oder Systase (eine Standpunktfestigung bzw. der Aufbau dauerhafter Bindung).

Setting

Das Setting bildet die äußeren Rahmenbedingungen einer Interaktionssituation. Der Begriff umfasst damit Ort, Zeitpunkt und Anlass der Interaktion, sowie Anzahl und Eigenschaften der Adressaten. Im direkten Gespräch werden auch Faktoren wie die Proxemik (räumliche Gegebenheiten) und Akustik miteinbezogen.

4. Fazit

Wer sich für die persuasive Kommunikation interessiert, sollte sich nicht von den lateinischen Begriffen abschrecken lassen. Denn auch heute noch ist die antike Rhetoriktheorie für sämtliche Bereiche des strategischen Kommunizierens – ob digital oder situativ – von größter Relevanz: Wer die Kunst der Rhetorik in Theorie und Praxis beherrscht, ist effektiv in der Lage, Menschen und Situationen seinem Telos entsprechend zu beeinflussen. Was genau uns nun die Rhetoriktheorie in der Marketingpraxis nützt und wo sich insbesondere im Online Marketing Anwendungsgebiete finden, hängt ganz vom individuellen Setting ab. Deshalb haben wir diesem Thema bereits mehrere Artikel gewidmet und wünschen weiterhin viel Vergnügen beim Lesen:

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Quellen und Literaturempfehlungen:

 

Aristotle: The Art Of Rhetoric. Cambridge: Harvard University Press. S.3.

Buchanan, Richard: Declaration by Design: Rhetorik, Argument und Darstellung in der Designpraxis. In: Scheuermann, A. (Hg.): Design als Rhetorik. Basel, 2008. S.49-80.

Knape, Joachim: Was ist Rhetorik? Stuttgart, 2000.

Knape, Joachim: Allgemeine Rhetorik. Stuttgart, 2000.

Knape, Joachim: Persuasion. In: Historisches Wörterbuch der Rhetorik 6 (2003), Sp. 874-907.

Ueding, Gert: Grundriß der Rhetorik: Geschichte – Technik – Methode. J.B. Metzler, 5. Auflage, 2011.

Besonderer Dank gilt meinen Tübinger Professoren Dr. Joachim Knape und Dr. Olaf Kramer.

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